7/20/2009

Unions-Altlasten I

Wie die SZ anfang Juni schrieb, sollen etwa 220 hauptamtliche, und 1200 inoffizielle Mitarbeiter der Stasi in den brandenburgischen Polizeidienst übernommen worden sein. Der CDU-Generalsekretär Brandenburgs Dieter Dombrowski äußerte Kritik, ehemalige Stasi-Täter sollten seiner Ansicht nach nicht im öffentlichen Dienst, oder in der Rechtspflege beschäftigt sein.
An sich ein völlig unspektakulärer Fall, wären da nicht zwei kleine Details – zum einen ist für die brandenburgische Polizei Innenminister Jörg Schönbohm zuständig, selbst CDU-Mitglied, ehemaliger Soldat in irgendeinem höheren Rang, Preuße und ausgesprochener Hardliner.
Zum anderen ist ja gerade die CDU weithin bekannt dafür, wie sie mit den Aktiven eines verbrecherischen Regimes umgeht. Man denke nur an Kiesinger, der an seine Karriere im Reichsaußenministerium eine steile Laufbahn bei der CDU anschließen konnte, die er schließlich mit dem Amt des Bundeskanzlers krönte (Kiesinger kann man dabei immerhin noch zugute halten, dass er in seiner NSDAP-Zeit antijüdische Aktionen im Rahmen seiner Möglichkeiten gehemmt, oder sogar verhindert hat).
Weniger positives lässt sich dagegen über Herrn Filbinger sagen, ebenfalls NSDAP-Mitglied. Der Marinerichter ließ noch bis kurz vor Kriegsende Todesurteile beschleunigt vollstrecken, trat als Ankläger und Richter in Personalunion auf und war von 1966-1978 Ministerpräsident Baden-Württembergs. Der aktuelle Ministerpräsident Baden-Württembergs Oettinger hat immer noch nicht verstanden, dass Filbinger ein Nazi war, der unverantwortbare Urteile fällte und äußerte sich 2007 in seiner Grabrede für Filbinger wie folgt: „[...] Hans Filbinger war kein Nationalsozialist. Im Gegenteil: Er war ein Gegner des NS-Regimes. [...]“ - der Kritik entgegnete er: „Meine Rede war öffentlich, ernst gemeint, und die bleibt so stehen.“, bevor er dann von der Parteispitze an die kurze Leine genommen wurde und sich öffentlich von seinen Äußerungen distanzieren musste.
Nazi-Täter sind in der CDU beliebter, als in der Bevölkerung.

Wer aber denkt, dass mit Filbinger schon der Gipfel erreicht sei, der wird mit den nun folgenden beiden Herren eines besseren belehrt – Walter Becher und Eberhard Taubert. Walter Becher muss man noch zugute halten, dass seine Familie den Becherovka erfunden hat, über Taubert gibt es dagegen gar nichts Positives mehr zu berichten.
Becher kämpfte im Sudetenland als Journalist für das NSDAP-Gauorgan "Die Zeit" gegen "jüdische Kulturwanzen", war nach dem Krieg unter Anderem Vositzender des rechtsextremen Witikobundes und verstand sich bestens mit FJ Strauß – beide fühlten sich von der linken Presse verfolgt und so gründete Becher ein „Komitee zum Schutz der Bürger vor Diffamierungen durch die Linkspresse“. Nachdem die FDP ihn nicht aufnehmen wollte, trat er 1967 der CSU bei.
Eberhard Taubert legte in Goebbels Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda eine steile Karriere hin, wurde sogar auf Wunsch Hitlers schneller befördert, als das den Reichsgrundsätzen entsprach. Ihm unterstand in den 30ern die Propaganda gegen Juden, Kommunisten und Intellektuelle, er verfasste den Propagandafilm "Der Ewige Jude" und ist übrigens auch der Begründer des politischen Kampfbegriffes "Ratten und Schmeißfliegen“, der ursprünglich von den Nazis auf die Juden, aber auch von FJ Strauß auf den Autor Bernt Engelmann und von Stoiber auf Journalisten des Süddeutschen Rundfunks verwendet wurde.
Nach Kriegsende tauchte Taubert unter, war unter falschem Namen (Dr. Erwin Kohl) für diverse Machthaber als Berater zum Thema „Aktivpropaganda“ tätig, bevor er wieder nach Deutschland kam, 1955 flog seine falsche Identität und seine Nazi-Vergangenheit auf und 1958 holte FJ Strauß ihn als Berater für „psychologische Kampfführung“ ins Verteidigungsministerium.

Dies sind nur vier prominente Beispiele, aber sie zeigen, dass die Aufregung von Generalsekretär Dieter Dombrowski hier etwas fehl am Platze ist. Solange Menschen wie Oettinger noch im Amt sind und sich offen mit Nazi-Tätern solidarisieren, solange Schäuble, Oettinger und andere hochrangige Unions-Politiker noch Gast, oder Mitglied im rechtsextremen "Studienzentrum Weikersheim" sein können, sind ein paar hundert ehemalige Stasi-Mitarbeiter meines Erachtens das geringste Problem der CDU.
Da sollte man sich meiner Meinung nach erstmal mit seiner eigenen braunen Vergangenheit beschäftigen, bevor man sich dem nächsten Problem zuwendet.

Keine Kommentare: